| Umstritten war der
                        Verkauf der 39 ehemaligen Landungsschiffe
                        und Jagdkorvetten der Nationalen
                        Volksarmee (NVA) von Beginn an in
                        Deutschland und Indonesien. In Deutschland protestierten Menschenrechtler und
                        Rüstungsexportgegner 1993 gegen die
                        bevorstehende Lieferung der Kriegsschiffe
                        in ein Krisengebiet. Die Gesellschaft
                        für bedrohte Völker und terre des
                        hommes, die Buko-Kampagne gegen
                        Rüstungsexporte, Watch Indonesia und das
                        Neue Forum Berlin warnten nachdrücklich
                        vor einem möglichen Einsatz der Schiffe
                        im Osttimor-Konflikt. Mit einer Besetzung
                        der NVA-Schiffe in Peenemünde
                        protestierten Dresdener Rüstungsgegner
                        gegen den umstrittenen Handel. Aufgrund
                        ihrer besonderen Verantwortung für
                        Osttimor protestierte auch die ehemalige
                        Kolonialmacht Portugal am 22.
                        Februar 1993 bei der deutschen Regierung
                        gegen die Lieferung der Schiffe (FAZ,
                        23.2.93). Nachdrücklich kritisiert wurde
                        auch die Lieferung von 5.000 Schuss
                        Munition sowie die Ausbildung von
                        indonesischen Marinesoldaten auf den
                        ehemaligen NVA-Schiffen. 
                        Besonders massive
                        Kritik wurde an der Finanzierung des
                        Handels durch staatlich abgesicherte Hermes-Bürgschaften
                        geäußert. So übernahm die
                        Bundesregierung Bürgschaften für
                        Darlehen der Kreditanstalt für
                        Wiederaufbau (KfW) im Wert von 561
                        Millionen DM (425 Millionen DM für
                        Reparatur und Modernisierung der Schiffe
                        / 136 Millionen DM für die Ausstattung
                        mit Siemens Fernmeldeausrüstung in
                        digitaler Technik) (Frankfurter
                        Rundschau, 16.12.94).   
                        Kritik in Indonesien  Zwar
                        schwieg sich Bonn lange über den
                        Kaufpreis aus, doch rund 28 Millionen DM
                        wurden mehrfach als Kaufpreis genannt
                        (Der Spiegel, 27.9.93 / Blätter des
                        IZ3W, März 1994, S. 28). Doch schon bald
                        wurde deutlich, dass eine Inbetriebnahme
                        der Schiffe den Einsatz weiterer
                        Millionen-Summen erfordern würde, da
                        viele der Einheiten veraltet und zum Teil
                        schrottreif waren. Als der gigantische
                        Umfang der erforderlichen Investitionen
                        sichtbar wurde, brach in Indonesien
                        Streit über den Kauf der NVA-Schiffe
                        aus. Genährt wurde der Streit noch von
                        immer neuen Hiobsbotschaften über den
                        katastrophalen Zustand der Schiffe.  So wäre
                        die Teluk Lampung (ex Schwedt) auf ihrer
                        Überführungsfahrt am 2. Juni 1994
                        beinahe in der Biskaya gesunken, nachdem
                        hoher Wellengang die Bugklappe abgerissen
                        hatte, das Schiff manövrierunfähig
                        wurde und Teile der Besatzung evakuiert
                        werden mussten.  Eingefädelt
                        wurde der Verkauf von dem damaligen
                        Forschungs- und Technologieminister und
                        späteren Staatspräsidenten Baharuddin
                        Habibie, einem ausgezeichneten Kenner der
                        deutschen Rüstungswirtschaft. Habibie
                        hatte nach seinem Studium an der
                        Technischen Hochschule Aachen
                        systematisch den Ausbau einer
                        indonesischen Rüstungsindustrie
                        betrieben und kontrollierte am Ende der
                        Herrschaft des Diktators Suharto zehn
                        verstaatlichte Konzerne. Kritisiert wurde
                        in Indonesien vor allem der zu hohe
                        Kaufpreis sowie die enormen Folgekosten
                        (Reparatur, Modernisierung, neue
                        Flottenstützpunkte etc.). Anfangs
                        forderte Habibie für das
                        Modernisierungsprogramm der Marine 2,2
                        Milliarden DM, nach massiver Kritik des
                        Verteidigungsministers reduzierte er
                        seine Forderungen auf 964 Millionen DM.
                        Sogar die Weltbank kritisierte,
                        dass für den Rüstungskauf
                        Entwicklungshilfegelder Indonesiens
                        eingesetzt und zugleich die
                        Sozialausgaben gekürzt wurden (Far
                        Eastern Economic Review, 23.9.93).   Angesichts
                        der massiven Kritik der öffentlichen Meinung stellte sich Diktator
                        Suharto schützend vor seinen Minister
                        Habibie und präsentierte den Kauf der
                        NVA-Schiffe als seine gemeinsame
                        Initiative mit dem deutschen
                        Bundeskanzler Helmut Kohl. Kritische
                        Medien machte der Diktator mundtot. So
                        wurden im Juni 1994 zwei Wochenzeitungen
                        und eine Tageszeitung auf Anordnung
                        Suhartos geschlossen. Die Zeitung Tempo
                        hatte zuvor über wachsende Kritik im
                        Militär an dem Kauf der veralteten
                        Schiffe berichtet. Als Demonstranten am
                        28.Juni 1994 gegen die Schließung der
                        Zeitungen protestierten, ging die Polizei
                        mit Gewalt gegen die Demonstranten vor
                        und nahm mehr als 30 Personen fest. So
                        hatte der umstrittene Kauf der ehemaligen
                        NVA-Schiffe auch innenpolitische Folgen
                        in Indonesien und führte zu einer
                        weiteren Einschränkung der Presse- und
                        Demonstrationsfreiheit. In
                        Deutschland hatte der umstrittene Deal
                        auch ein parlamentarisches Nachspiel.
                        Einige wenige Details der vertraglichen
                        Vereinbarungen mit Indonesien
                        veröffentlichte die deutsche
                        Bundesregierung in ihrer Antwort vom
                        28.12.1993 auf eine Kleine Anfrage der
                        SPD-Fraktion (Drucksache 12/6512).
                        Demzufolge hatte sich Indonesien
                        vertraglich verpflichtet, die 39 Schiffe
                        nur für den Küstenschutz, die
                        Seewegsicherung sowie die Bekämpfung der
                        Piraterie und des Schmuggels einzusetzen.
                        Doch diese Auflage scheint Indonesien
                        niemals ernst genommen zu haben. Auch die
                        indonesische Presse ging auf diese
                        Auflagen niemals ein und wertete den Kauf
                        als wichtigen Beitrag zum Aufbau einer
                        schlagkräftigen Marine.   Indonesischer
                        General plant Einsatz zur
                        "Aufstandsbekämpfung" Neue
                        Nahrung erhielt der Streit, als die GfbV
                        zum 20. Jahrestag des Völkermordes in
                        Osttimor im Dezember 1995 auf ein
                        bemerkenswertes Interview des
                        Oberbefehlshabers der indonesischen
                        Streitkräfte, General Feisal Tanjung,
                        aufmerksam machte, dass die in Asien
                        führende wehrtechnische Zeitschrift
                        Asian Defence Journal im Oktober 1995
                        veröffentlicht hatte. Darin erklärte
                        der General: "Tatsächlich sieht der
                        Plan vor, die Stärke der
                        "Bataillon-Landungskräfte"
                        (Batallion Landing Team, BLT) zu
                        erhöhen, in dem die bestehenden zwei BLTs
                        konsolidiert und eine neue
                        BLT-Reserveeinheit aufgestellt wird. Mit
                        der Bildung schlagkräftiger BLTs
                        wird beabsichtigt, Störungen von innen
                        zu überwinden. Mit dem kürzlichen Kauf
                        von ehemals ostdeutschen Landungsschiffen
                        sollen veraltete Landungseinheiten
                        ersetzt werden...". Im Klartext
                        bedeutete dies, dass die Landungsboote
                        entgegen den vertraglichen Auflagen einem
                        Bataillon zur Aufstandsbekämpfung
                        zugeteilt wurden. Auf unsere am 6.
                        Dezember 1995 an Verteidigungsminister
                        Volker Rühe gerichtete Bitte nach
                        Klarstellung teilte uns Brigadegeneral
                        Röhrs in einem vom 9.Februar 1996
                        datierten Schreiben mit: "Im
                        übrigen besteht eine Kontrolle über
                        Verbleib und Verwendung der Ware durch
                        Erkenntnisse der Auslandsvertretungen,
                        der Fachdienste und ihrer Partner, der
                        Medien oder von
                        Nichtregierungsorganisationen. Derartige
                        Erkenntnisse werden bei Entscheidungen
                        der Bundesregierung über
                        Rüstungsexporte mit zugrunde gelegt. Der
                        Bundesregierung liegen zur Zeit jedoch
                        keine Erkenntnisse über einen
                        vertragswidrigen Einsatz der ehemaligen
                        NVA-Schiffe vor. Auf Anfrage unter Bezug
                        auf das Interview hat die indonesische
                        Seite klargestellt, dass sie
                        uneingeschränkt zu den
                        Vertragsverpflichtungen, auch
                        hinsichtlich der Einsatzbeschränkungen,
                        steht." Vertragswidrige
                        Einsätze der Schiffe Im Sommer
                        1999 wurden während der Massaker der von
                        der indonesischen Armee unterstützten
                        Milizen in Osttimor ehemalige
                        NVA-Landungsschiffe vor Osttimor
                        eingesetzt. Im Januar
                        2000 waren die früheren NVA-Schiffe (371
                        Kapitan Patimura, ex Prenzlau,
                        Jadkorvette / 382 Hasan Basri, ex
                        Güstrow, Jagdkorvette / 544 Teluk Saban,
                        ex Südpferd, Landungsschiff / 535 Teluk
                        Peleng, ex Lübben, Landungsschiff) an
                        einer Seeblockade der Molukken beteiligt.
                        (Jakarta Post, 7.1.2000) Die
                        Kriegsschiffe sollten den Nachschub mit
                        Waffen und Kämpfern in der Region
                        unterbinden. Tatsächlich arbeiteten
                        Teile der indonesischen Armee jedoch eng
                        mit muslimischen Extremisten zusammen und
                        ermöglichten mit ihrer Blockade, dass
                        ohne lästige Augenzeugen mehrere
                        Hunderttausend Menschen aus ihren
                        Dörfern vertrieben wurden. Auch
                        transportierten die Schiffe indonesische
                        Soldaten auf die Molukken, die oft
                        zugunsten von Muslimen Partei ergriffen
                        und bedrängten Christen keinen Schutz
                        vor Übergriffen muslimischer Extremisten
                        leisteten. Erneut appellierten wir am 7.
                        Januar 2000 erfolglos an die
                        Bundesregierung, gegenüber Indonesien
                        darauf zu dringen, dass die Schiffe nicht
                        vertragswidrig eingesetzt werden. Doch
                        Berlin antwortete nicht auf unseren
                        Appell. Am 16.
                        März 2000 informierten wir das
                        Auswärtige Amt darüber, dass die
                        "Teluk Lampung" (das ehemalige
                        Landungsschiff "Schwedt") zwei
                        Tage zuvor Soldaten des Kostrad
                        Infanterie-Bataillons 515 sowie der
                        Elite-Einheit Kopassus in die umkämpfte
                        Provinz Papua (Irian Jaya, das
                        Schiff landete in den Häfen Sorong und
                        Jayapura) und auf die vorgelagerte Insel
                        Biak transportiert hatte. Das gleiche
                        Schiff hatte bereits im Juli 1998 Truppen
                        auf die Insel gebracht, die am 6. Juli
                        1998 bei der blutigen Niederschlagung
                        einer Demonstration unbewaffneter Bürger
                        mindestens acht Papua-Ureinwohner
                        töteten und 37 Personen verletzten,
                        berichtete uns Elsham, die angesehenste
                        Menschenrechtsorganisation Papuas. Nur
                        telefonisch reagierte das Auswärtige Amt
                        auf unsere Information und erklärte, es
                        handele sich um eine
                        "Delikatesse" und man befinde
                        sich in einem Dilemma. Unsere nochmalige
                        schriftliche Bitte vom 7.4.2000, auf
                        einer vertragsgemäßen Verwendung der
                        Schiffe zu bestehen, blieb unbeantwortet.
                        Am 9.11.2000 appellierten wir erneut
                        angesichts zunehmender
                        Menschenrechtsverletzungen in Papua an
                        Außenminister Fischer, keinen Missbrauch
                        der ehemaligen NVA-Schiffe zu dulden. Als Ostern
                        2003 bekannt wurde, dass die deutsche
                        Bundesregierung in aller Stille die
                        Lieferung neuer Motoren für die
                        ehemaligen NVA-Schiffe genehmigt hatte
                        und Kredite in zweistelliger
                        Millionenhöhe für die Modernisierung
                        mit Hermes-Bürgschaften abgesichert habe,
                        protestierten wir beim zuständigen
                        Wirtschaftsminister Wolfgang Clement
                        (Stuttgarter Zeitung, 17. 04. 2003 /
                        Hannoversche Allgemeine Zeitung, 19. 04.
                        2003).   Momentan
                        wird die Unruheprovinz Aceh von
                        der Marine abgeriegelt. Mehr als
                        10.000 Menschen starben seit 1976 in der
                        er4dölreichen Provinz bei Kämpfen
                        zwischen der indonesischen Armee und der
                        Freiheitsbewegung Free Aceh Movement
                        (GAM) sowie bei
                        Menschenrechtsverletzungen  von
                        Soldaten und Bereitschaftspolizisten.
                        Nach einer erneuten Zunahme politisch
                        motivierter Gewalt droht ein endgültiger
                        Bruch des am  9. Dezember 2002
                        unterzeichneten
                        Waffenstillstandsvertrages zwischen der
                        indonesischen Armee und GAM. Sowohl teile
                        der Armee als auch der GAM lehnen einen
                        Frieden ab und versprechen sich von der
                        Wiederaufnahme der Kämpfe eine Sicherung
                        ihrer Machtstellung und lukrativer
                        illegaler Nebeneinkünfte.   Angesichts
                        der Vielzahl von Konflikten in
                        Indonesien, werden unterschiedslos alle
                        Schiffe der indonesischen Marine mit dem
                        Transport von Soldaten und der
                        Abriegelung von Unruheprovinzen betraut.
                        Es ist realitätsfern, wenn die deutsche
                        Bundesregierung davon ausgeht, dass die
                        indonesische Marine Rücksicht auf den
                        vertraglich zugesicherten
                        Verwendungszweck der ehemaligen
                        NVA-Schiffe nehmen würde. In der letzten
                        April-Woche im Jahr 2003 transportierte
                        die "Teluk Jakarta" (ex
                        "Eisenhüttenstadt") 400
                        Soldaten und Marine-Angehörige in einer
                        so genannten "humanitären
                        Mission" zum Hafen Krueng Guekueh in
                        Nord-Aceh (Jakarta Post, 04.05.2003).
                        Offiziell sollen die Soldaten Häuser,
                        Moscheen und Brücken reparieren.
                        Angesichts der Zuspitzung der
                        Sicherheitsalge in Aceh und des
                        unmittelbar bevorstehenden
                        Wiederausbruchs der Kämpfe sehen viele
                        internationale Beobachter in der
                        "humanitären Aktion" eine
                        verdeckte Militäroperation, um die
                        Präsenz der Armee in Aceh zu
                        verstärken. In jedem Fall werden diese
                        Soldaten nach einem Ende des
                        Waffenstillstands als kämpfende Truppe
                        eingesetzt werden und nicht mit
                        humanitären Aufgaben betraut werden.  Weitere
                        6.350 Soldaten verließen an Bord von
                        zehn Schiffen der indonesischen Marine am
                        8. Mai 2003 die Marine Basis Ujung in der
                        Nähe der Stadt  Surabaya. Die
                        Schiffe sollen am 13. Mai in Aceh
                        eintreffen (Jakarta Post,
                        08.05.2003).   Frühere
                        NVA-Schiffe werden regelmäßig und
                        gezielt zur "Aufstandsbekämpfung"
                        eingesetzt. Diese Aufstände werden von
                        Teilen der indonesischen Armee
                        systematisch geschürt, um eine weitere
                        Demokratisierung Indonesiens zu
                        verhindern. Angesichts stetig zunehmender
                        Menschenrechtsverletzungen in Papua und
                        Aceh, andauernder Vertreibungsverbrechen
                        auf den Molukken sowie eines in
                        ganz  Indonesien weit verbreiteten
                        Klimas der Willkür und Straflosigkeit
                        der Sicherheitskräfte ist mit weiteren
                        Einsätzen der ehemaligen NVA-Schiffe im
                        Rahmen der
                        "Aufstandsbekämpfung" zu
                        rechnen. Daher ist jede Vergabe neuer
                        Bürgschaften und Kredite für die
                        Modernisierung dieser Schiffe rechtlich
                        äußerst fragwürdig und moralisch
                        unvertretbar. Mit der
                        Versenkung von vier des illegalen
                        Fischfangs verdächtigten philippinischen
                        Fischerbooten am 29.Januar 2003 hat die
                        "Untung Suropati" (die
                        ehemalige Jagdkorvette
                        "Ribnitz") erst kürzlich für
                        diplomatischen Ärger gesorgt. Vehement
                        protestierte die philippinische Regierung
                        gegen die seltsame Art der Sicherung der
                        indonesischen Gewässer. "Unsere
                        Fischer stellen weder eine Gefahr für
                        Indonesien dar, noch sind sie am
                        Schmuggel beteiligt oder an anderen
                        illegalen Aktivitäten," erklärte
                        das Außenministerium der Philippinen.
                        (AFP, 31.1.2003) "Wir haben auch
                        ähnliche Situationen in der
                        Vergangenheit gehabt, ohne dass tödliche
                        Gewalt eingesetzt wurde."Ulrich
                        Delius -- 09. Mai 2003 EINE
                        PUBLIKATION DER GESELLSCHAFT FÜR
                        BEDROHTE VÖLKER - Postfach 2024 -
                        D-37073 Göttingen - Fax: +49/551/58028 -
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